Mit Meterstab, Farbspray und Laptop

Kreidestriche auf der Fahrbahn,  Markierungen mit Farbspray und scheinbar verblichene oder mehr oder weniger deutlich sichtbare  unscheinbare Kratzspuren auf dem Asphalt sind schon auf den ersten Blick untrügliche Zeichen:

hier, an dieser Stelle hat sich ein Verkehrsunfall ereignet. In aller Regel ein schwerer Verkehrsunfall, zumindest mit ganz erheblichem Sachschaden, meist aber mit lebensgefährlich Verletzten oder gar Toten. Junge oder Alte, Frauen oder Männer, Kinder oder Heranwachsende waren hier wie es immer heißt „zur falschen Zeit am falschen Ort“.

Fußgänger oder Biker, Autofahrer oder Radler – schuld oder unschuldig an dem, was hier, genau hier an dieser Stelle passiert ist.

Bei solch schweren Verkehrsunfällen ordnet die Staatsanwaltschaft nach Rücksprache durch die Polizei vor Ort ein so genanntes unfallanalytisches Gutachten an. Und hier kommen dann die Kfz-Sachverständigen, die Unfallgutachter ins Spiel.

Zum Beispiel Diplomingenieur Erich Schöbel vom Sachverständigenbüro Schöbel und Hartmann aus Fürstenfeldbruck.

Es sind viele Kleinigkeiten, oft Winzigkeiten, die an so einer Unfallstelle Aufschluss darüber geben können, wie sich alles zugetragen hat. Kleine, kaum sichtbare Kratzer an der Fahrbahnoberfläche, tiefe Rillen im Asphalt, wenn die Fahrzeugteile über den Belag rutschen, Schleuderspuren, der Standpunkt und die Lage des oder der Fahrzeuge nach dem Crash, die Beschädigungen an den Fahrzeugen und noch vieles mehr geben den Sachverständigen wichtige Beweismittel an die Hand. All diese Spuren werden dann markiert, vermessen und fotografiert.

Mit einer Drohne kann Erich Schöbel  auch den Unfallbereich abfliegen, kann aus verschiedenen Höhen, Flugrichtungen und Blickwinkeln Aufnahmen machen.

All diese Daten sind die Basis, sind sozusagen das Futter mit dem der Computer gefüttert wird. Die einzelnen Programme rechnen oft über wenigstens ein, zwei Stunden und fügen die Puzzleteile dann zu einem Gesamtbild zusammen. Daraus wiederum erkennen die Sachverständigen dann, was genau passiert ist und wie es sich ereignet hat oder besser gesagt, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich der Unfall in dieser oder jener Weise ereignet hat. Mithilfe der Computerprogramme können auch Animationen erstellt werden, um das Unfallgeschehen besser sichtbar darzustellen. 

Genauso können Erich Schöbel und seine Kollegen auch berechnen, was passiert wäre, wenn die Fahrzeuge langsamer unterwegs gewesen wären, also sich zum Beispiel an Geschwindigkeitsbegrenzungen gehalten hätten. Was passiert wäre, wenn der eine oder andere Fahrer besser aufgepasst und schneller oder manchmal auch anders reagiert hätte. Wie haben Alkohol- oder Drogeneinfluss die Wahrnehmungsfähigkeit und damit die Reaktion beeinflusst – all das lässt sich anhand eines unfallanalytischen Gutachtens erkennen und beweisen.

Besonders für die Einsatzkräfte vor Ort ist es wichtig, nach den Rettungs- bzw. Bergungsarbeiten keine weiteren Spuren zu vernichten. Das bedeutet zum Beispiel nach Möglichkeit die Fahrzeuge vor Eintreffen des Sachverständigen so wenig wie möglich zu bewegen. Oder noch nicht sofort mit Ölbinder zu arbeiten, sondern etwa durch einen kleinen „Schutzwall“ verhindern, dass Öl ins Erdreich eindringt und das Grundwasser verschmutzt.

Auch wenn die Einsatzkräfte nach der Arbeit des Gutachters vor Ort die Fahrbahnen reinigen, sollten sie – so hat es Erich Schöbel immer wieder betont – mit Sorgfalt vorgehen: Straßenschmutz, Glassplitter, kleine Fahrzeugteile und ähnliches sollten nicht einfach in das Fahrzeuginnere geschaufelt werden, sondern in einem eigen Müllsack getrennt bleiben. Es kann nämlich gut sein, dass die Staatsanwaltschaft eine Zeit später noch nach Faser- oder DNAspuren suchen lässt, um genau herauszufinden, wer wo im Unfallfahrzeug gesessen hat. All das ist wichtig, um auch eine geraume Zeit nach dem Schadensereignis im Gerichtsverfahren feststellen zu können, wer und warum letztlich den Unfall verursacht hat.